Am 13. März war ab 18 Uhr kein Sitzplatz mehr in der Falkenseer Stadthalle frei. Über 800 Besucher hatten kostenfrei die Möglichkeit genutzt, den acht Finalisten beim ersten KlavierKonzertWettbewerb „Brandenburgische Konzerte“ zu lauschen. Sie stellten sich am Bechstein-Flügel mit einem Auszug aus einem bekannten Klavierkonzert dem Urteil der Jury – und wurden dabei auf der Bühne vom philharmonischen Jugendorchester Berlin begleitet.
In vielen Familien wird noch Wert darauf gelegt, dass der Nachwuchs ein Instrument erlernt – und oft genug fällt die Wahl dabei auf das Klavier. Für das Klavier gibt es viele Noten, die das Klavier allein in den Mittelpunkt stellen oder es als Unterstützung für ein anderes Instrument einsetzen. Die höchste Weihe eines Klavierspielers wäre allerdings ein Klavierkonzert. Dabei handelt es sich um ein mehrsätziges Werk für einen Klaviersolisten und ein begleitendes Orchester. Speziell für diese Klavierkonzerte gibt es viele berühmte Stücke von Komponisten wie etwa Mozart, Beethoven, Brahms, Rachmaninoff oder Tschaikowsky.
Die Chancen für einen jungen Pianisten, für ein Klavierkonzert am Flügel Platz zu nehmen, stehen allerdings sehr schlecht. Denn für einen Auftritt vor Publikum wird im einfachsten Fall ein zweiter Flügel, im besten Fall aber ein großes begleitendes Orchester benötigt. Da dies einen sehr großen Aufwand bedeutet, gibt es für den Nachwuchs so gut wie keine Möglichkeit, sich einmal in dieser besonderen Disziplin zu beweisen.
Die Fachgruppe Klavier des Verbandes der Musik- und Kunstschulen Brandenburg hat sich nun dazu entschlossen, diese Lücke im Angebot zu schließen. Unter federführender Beteiligung der Musik- und Kunstschule Havelland ist der „1. KlavierKonzertWettbewerb“ mit dem Titel „Brandenburgische Konzerte“ ausgerufen worden. Junge Pianisten aus ganz Brandenburg sollten im „ersten und deutschlandweit einzigartigen Wettbewerb für Pianisten in der Gattung Klavierkonzert“ die Möglichkeit erhalten, sich vor Publikum zu beweisen.
So ein Wettbewerb mit Orchester verlangt schon nach einem etwas größerem Aufwand. Um das auch finanziell zu stemmen, hat die Musik- und Kunstschule Havelland Ende 2021 und Anfang 2022 zu mehreren kostenlosen Klavierkonzerten ihrer Musiklehrer in den Konzertsaal „Gleis 5“ am Falkenseer Bahnhof geladen. Hier wurden Spenden gesammelt. Weitere Gelder kamen u.a. von den Sponsoren Bechstein und Alle-Noten.
Für den altersübergreifenden Wettbewerb hatten sich in der Zwischenzeit 31 Klavierspieler im Alter von 7 bis 46 Jahren angemeldet. Sie stellten sich am 5. und 6. März der Jury – und spielten im Konzertsaal „Gleis 5“ einen Ausschnitt aus einem ausgewählten Klavierkonzert unter Begleitung eines zweites Pianisten.
Simone Seyfarth, Leiterin Musik- und Kunstschule Havelland, gehörte bei diesen Aufführungen zur Jury: „Ich staune, mit welcher Musikalität, Sicherheit und Ernsthaftigkeit die kleinen und großen Laien-Pianisten die Klavierkonzerte gespielt haben. Es waren für alle schwierige Bedingungen – nach über zwei Jahren ohne größere Konzerte. Die Spieler waren nach Alter sortiert, die 7-jährigen begannen am Samstag Morgen, die Ältesten spielten am Sonntag Nachmittag. Für mich verging die Zeit wie im Flug, jede Minute war spannend. So viele Klavierkonzerte hintereinander hatte ich noch nie gehört – wohl keiner der Anwesenden. Aufgrund des hohen Niveaus fiel uns die Jury-Entscheidung sehr schwer.“
Von 31 Klavierspielern blieben am Ende acht übrig. Sie durften sich am 13. März ab 18 Uhr in der Falkenseer Stadthalle am Bechstein-Konzertflügel dem Publikum präsentieren. Und wie! Sie wurden bei ihrem Klavierkonzert begleitet vom Philharmonischen Jugendorchester Berlin unter Leitung des jungen Dirigenten Akim Camara. Das 2019 gegründete Jugendorchester setzt sich aus 75 hochtalentierten Musikern im Alter zwischen 17 und 30 Jahren aus ganz Deutschland zusammen, die allesamt Absolventen oder Studenten von Musikhochschulen des Landes sind.
Die zahllosen Zuschauer bekamen auf jeden Fall Kultur satt geboten. Klara Wiegand aus Putlitz spielte das Miniature Concerto von Alec Rowley. Es folgte Luca Avram aus Brandenburg an der Havel mit dem Cembalokonzert in f-moll, BWV 1056, Nr. 5 von Johann-Sebastian Bach. Emmy Gu aus Berlin überzeugte mit dem Klavierkonzert in F-dur, KV 459, Nr. 19 von Wolfgang-Amadeus Mozart. Weiter ging es mit Micha Eißler aus Berlin mit dem Klavierkonzert Nr. 2 in B-dur, op. 83 von Johannes Brahms.
Nach einer Pause folgte Greta Elisabeth Neugebauer aus Nauen mit dem Cembalokonzert in d-moll, BWV 1052, Nr. 1 von Bach. Danach spielte Lorenz Berbig aus Stechow-Ferchesar das Concerto für Klavier und Streichorchester in d-moll, KV 80 von Ferruccio Busoni. Josie Marina Aurich aus Berkenbrück saß für das Capriccio Brilliant, op. 22 von Felix Mendelssohn Bartholdy am Klavier. Das Finale spielte Maximilian Hoffmann aus Berlin mit dem Klavierkonzert Nr. 2 in c-moll, op. 18 von Sergei Rachmaninoff.
Die Jury wurde von Universitätsprofessoren, professionellen Musikern und Musikjournalisten gebildet. Simone Seyfarth sollte eigentlich den Vorsitz haben, musste aber Corona-bedingt Zuhause bleiben: „Es war sehr schwer für mich, nicht dabei sein zu können. Getröstet hat mich, dass die Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte, es gab im Vorfeld mehrere pandemiebedingte Hindernisse. Ich war von zu Hause aus die ganze Zeit in Gedanken dabei: Freunde hielten mich mit Infos auf dem Laufenden und ich habe auf Spotify die Stücke, die gerade gespielt wurden, in Originallautstärke gehört. Nach dem Rachmaninoff habe ich die Noten aus dem Schrank geholt und mich selbst an den Flügel gesetzt, um die Spannung bis zur Preisvergabe zu überbrücken.“
Der Gewinner des „Grand Prix“ wurde völlig zu Recht Micha Eißler. Simone Seyfarth ganz stolz: „Er hat das Brahms-Klavierkonzert gespielt und ist Schüler von Beate Comish an der Musik- und Kunstschule Havelland“.
Der Sonderpreis „Zeitgenössische Musik“ ging an Klara Wiegand. Der „Brandenburgische Sonderpreis“ und auch der vor Ort ausgelobte Publikumspreis gingen an Josie Marina Aurich.
Wie geht es mit dem Wettbewerb nun weiter? Simone Seyfarth: „Das Team hinter dem Wettbewerb – Brandenburger und Berliner Pianisten und Klavierlehrer – wird sich in den nächsten Wochen treffen, um zu beraten, wie es war und wie es weitergehen soll. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in zwei bis drei Jahren einen 2. KlavierKonzertWettbewerb geben wird. Falkensee wurde als guter Gastgeberort gelobt – wir würden die Brandenburger und Berliner Nachwuchspianisten gern wieder bei uns begrüßen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
Der Beitrag Kultur in der Stadthalle: 1. KlavierKonzertWettbewerb mit Orchester in Falkensee! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).