Wer jetzt baut, saniert, repariert oder erweitert, braucht für sein Vorhaben ein paar Scheine mehr im Portemonnaie. Tatsächlich sind die Preise in den letzten Monaten vor allem in der Baubranche regelrecht explodiert. Oft heißt es, Corona und die Energiekrise seien Schuld an der Misere. Carsten Scheibe, Sonja Schröder und Patrick Hückstädt von „Unser Havelland“ haben sich im Havelland umgehört, wie ernst die Lage wirklich ist.
Wer Bauholz, Nägel und Schrauben, Werkzeug, Farbe oder Tapeten für ein Modernisierungsvorhaben rund um die eigenen vier Wände braucht, schaut gern im Falkenseer Hellweg Baumarkt vorbei.
Wie schaut es vor Ort mit der vielseits beschworenen Materialverknappung und den gestiegenen Preisen aus?
Geschäftsleiter René Lucas: „Zunächst einmal eine positive Nachricht: Es ist alles noch vorhanden, es gibt keine leeren Regale. Wer demnach ein bestimmtes Holz oder ein Werkzeug braucht, bekommt es auch. Wir wissen aber auch um die Materialengpässe. Aus diesem Grund haben wir damit begonnen, uns entsprechend zu bevorraten. Manchmal steht unser halber Parkplatz voll mit den entsprechenden Lieferungen. Wir machen das gezielt für unsere Kunden, denn nur so können wir die Preisspirale etwas abbremsen und unsere Kunden finanziell entlasten.“
Was die Preise anbelangt, kann René Lucas keine Entwarnung geben: „Alles ist in den letzten Monaten deutlich teurer geworden. Vor allem Holz ist betroffen, hier haben sich die Preise nahezu verdoppelt. Ich sehe hier auch keinen Anhaltspunkt, dass sich die Preise wieder in die andere Richtung entwickeln würden. Gerade die Chinesen und die Amerikaner haben einen unstillbaren Holzhunger. Sie haben ganz Europa leergekauft. Wir sehen das bei unserem Holz-eingefassten Pool, der in den letzten Monaten um 500 Euro teurer geworden ist. Noch ein Beispiel: Eine Douglasien-Terrassendiele in zwei Metern Länge und mit 28 Zentimetern Breite hat vor Corona noch 7,98 Euro gekostet. Jetzt sind wir bereits bei 12,98 Euro.“
Eine deutliche Teuerung sieht der Baumarktleiter auch beim Thema Plastik: „Ganz egal, ob es um einen Plastikeimer, um eine Stapelbox, um Plastikstühle für den Garten oder sogar um Acrylfarbe geht: Der Grundstoff Plastik ist deutlich teurer geworden und das merken wir bei allen entsprechenden Preisen.“
Führt denn die Teuerung dazu, dass weniger gekauft wird? René Lucas: „Das konnten wir bislang noch nicht beobachten. Der Deutsche spart generell nicht an seinen Baumaterialien.“
Wie sieht es in dieser Angelegenheit bei Funke Baustoffe in Falkensee aus? Jens Funke: „Die Baukosten sind in der letzten Zeit immens gestiegen. Alleine in diesem Jahr liegt die Teuerung schon wieder bei fünf bis zehn Prozent. Vor Corona war es schon üblich, dass sich die Preise aufs Jahr gerechnet um etwa drei Prozent erhöhen. Damit konnten die meisten Kunden sehr gut leben. Bei einer Preissteigerung um zehn Prozent schluckt aber schon der eine oder andere.“
Wie kommt es zu dieser Teuerung? Jens Funke: „Hier gibt es nicht den einen Grund. Stattdessen kommt hier einfach sehr vieles zusammen. Nur ein Beispiel von vielen: Die neuen Richtlinien zur CO2-Abgabe machen zurzeit den Zement deutlich teurer. Das liegt an der Umstellung der Hersteller, die nun ganz neue Richtlinien erfüllen müssen. Um bei der Zementherstellung bis zu 40 Prozent CO2 einzusparen, müssen z.B. die gesamten Rezepturen für die Herstellung von Betonpflastersteinen angepasst werden. Das kostet viel Geld.“
Besonders stark fällt die Teuerung beim Holz aus. Jens Funke: „Deutschland ist der viertgrößte Holzexporteur der Welt. Die Nachfrage ist vor allem aus den USA sehr hoch. Die Amerikaner bezahlen auch sehr hohe Preise für deutsches Holz. Hat der Kubikmeter Holz früher 200 Euro gekostet, so wird er heute fast zum dreifachen Preis verkauft. Die deutschen Abnehmer haben da das Nachsehen. Wie heißt es so wahr: Wenn eine Ware knapp ist, wird sie von alleine teuer.“
Steigende Preise erlebt Funke Baustoffe auch bei Baustoffen, die importiert werden und mit dem Containerschiff aus Asien kommen. Jens Funke: „Die Kosten für einen Container aus Übersee lagen vor Corona bei zwei bis dreitausend Euro. Heute sind wir teilweise schon bei 18.000 Euro angekommen. Das liegt auch an den durch Corona hervorgerufenen Begleitumständen. In der Vergangenheit ist es etwa vorgekommen, dass ein einzelner Corona-Fall in China einen ganzen Hafen lahmgelegt hat. Dann steigt die Verweildauer der Container im Hafen und die Kunden wundern sich nicht nur über gestiegene Preise, sondern auch über extrem lange Lieferzeiten, die es so zuvor noch nicht gegeben hat.“
Wie wird es weitergehen mit den Preisen auf dem Bausektor? Kann Jens Funke in die Zukunft schauen? Er sagt: „Auch diese Zeiten gehen wieder vorbei. Wir kehren sicherlich wieder zu einem Zustand zurück, in dem drei Prozent Preiserhöhung pro Jahr normal sind. Nur wie schnell das passiert, kann ich nicht sagen.“
Gibt es etwas, was die Verbraucher tun können, um Geld zu sparen? Jens Funke: „Wer jetzt ein Haus bauen möchte, braucht Geduld und muss mit mehr Eigeninitiative planen. Wir raten dazu, wieder selbst zum Bauherren zu werden und nicht alles aus der Hand zu geben. Früher hat man doch auch selbst einen Architekten beauftragt, den Baustoffhändler des Vertrauens in die Spur geschickt und die einzelnen Gewerke sorgfältig ausgewählt und auf die Umsetzung angesetzt. Auf diese Weise lässt sich viel Geld sparen und das Ergebnis passt noch besser zu den eigenen Vorstellungen. Als Baustoffhändler helfen wir gern dabei, die passenden Gewerke zu finden.“
Wie schaut es bei den Handwerksbetrieben selbst aus? Steven Drube von der Dachdeckerfirma Drubedachung aus Dallgow-Döberitz: „Wir müssen sehr vorausschauend planen. Zurzeit benötigen wir sehr viel zusätzlichen Lagerplatz. Denn wir lagern viele Materialien ein, damit wir sie zur Hand haben, wenn sie im Arbeitsalltag benötigt werden. Wir merken so z.B., dass vor allem Dachziegel momentan nur mit langen Lieferzeiten verfügbar sind. Mitunter müssen wir hier vier Wochen lang auf neue Ware warten.“
Sorgt das Thema Holz auch beim Dachdecker für Engpässe? Immerhin bestehen doch auch die Dachlatten aus Holz. Steven Drube: „Für uns hat sich die Lage beim Holz bereits wieder etwas entspannt. Manche Materialien sind nach wie vor knapp, aber beim Holz merken wir, dass sich die Verfügbarkeit langsam wieder bessert.“
Und wie schaut das bei den Installateuren aus? Remo Sommer vom Meister- und Innungsbetrieb K. Kampowski in Falkensee: „Es gibt aktuell einen sehr großen Mangel bei den Heizungsanlagen, speziell bei den Wandhängegeräten. Hier sind wir teilweise schon bei einer Lieferzeit von bis zu vier Monaten angekommen. Vor Corona haben wir höchstens einen oder zwei Tage warten müssen. Gerade bei Kunden, die ansonsten frieren würden, haben wir aber bislang immer eine Lösung finden können. Einen weiteren Mangel spüren wir bei den Pumpen. Das liegt vor allem an der verbauten Technik und dem Chipmangel, der aktuell noch immer auf dem Weltmarkt herrscht.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 192 (3/2022).
Der Beitrag Alles wird teurer im Havelland: Rund ums Thema Haus & Bauen explodieren zurzeit die Kosten! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).