Falkensee bekommt ein eigenes Hallenbad. Nach einem langwierigen Hin und Her gibt es an dieser Entscheidung inzwischen nichts mehr zu deuteln. Seit 14 Monaten wird auf der Freifläche am Bahnhof Seegefeld gemauert, gesägt und geschraubt, nun konnte der Rohbau im Juli fertiggestellt werden. Beim Richtfest am 4. August trieb Bürgermeister Heiko Müller selbst den letzten Nagel in den Baukörper. Sorge bereiten allen Beteiligten allerdings die stark gestiegenen Baukosten.
Rund ums Falkenseer Hallenbad gab es ein unglaubliches Hin und Her, bevor die endgültige Entscheidung für den Bau getroffen wurde.
Losgetreten hatte die Diskussion um ein Hallenbad bereits 2007 der Seniorenbeirat von Falkensee, der 7.000 Unterschriften für ein solches Bauvorhaben sammelte. Richtig los ging es aber erst 2015 mit einem Einwohnerantrag und 8.000 neuen Unterschriften. Es folgte eine Konzeptstudie: Wie könnte so ein Hallenbad überhaupt aussehen? 2017 entschied man sich, das Hallenbad in der Seegefelder Straße direkt am Bahnhof anzusiedeln.
Eine Einwohnerbefragung erbrachte eine Zustimmung von 78 % der teilnehmenden Bürger für das geplante Hallenbad mit einem 25-Meter-Schwimmbecken, sechs Schwimmbahnen, einer Sprunganlage, einem Kleinkinderbecken, einem Lehrschwimmbecken, einem Wasserspielplatz, einem Saunabereich, einem kleinen Bistro und – kurios – sogar einer integrierten Kegelbahn. 2018 entschied sich die Stadtverordnetenversammlung dafür, das Hallenbad zu bauen, im November 2019 lag die Baugenehmigung vor.
Unvorstellbar, aber wahr: In einer sehr denkwürdigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung Ende 2019 kippte die Stimmung. Einige Stadtverordnete entzogen dem Hallenbad plötzlich ihre Zustimmung. Es wurde in einer neuerlichen Abstimmung entschieden, das Projekt doch nicht mehr länger fortzuführen.
Das führte zu einem Bürgerbegehren, bei dem die entrüsteten Bürger mit dem Wahlzettel klar zum Ausdruck brachten: Wir wollen das Hallenbad aber! Und da so ein Bürgerbegehren bei entsprechender Stimmenabgabe verbindlich ist, wurde der Bau des Hallenbads am geplanten Standort wieder neu in Angriff genommen.
Vor 14 Monaten im Juni 2021 wurde der erste Spaten in die Erde gestochen, im November 2021 fand die Grundsteinlegung statt, Ende Juli 2022 stand bereits der Rohbau mit dem Dachstuhl. Bürgermeister Heiko Müller lud deswegen am 4. August zu einem Richtfest ein, um den Baufortschritt zu feiern. Wie es Sitte ist, versenkte der Bürgermeister selbst den letzten Nagel im Holz des Dachstuhls und weihte zusammen mit dem Polier Detlef Heiden das Gebäude: „Nun wollen wir das Bauwerk weihen, möge Gott es beschützen und lassen gedeihen.“
Bürgermeister Müller erinnerte sich an Sandstürme beim ersten Spatenstich und an einen kalten Dauerregen bei der Grundsteinlegung. Angesichts tropischer Temperaturen beim Richtfest unkte er: „Ich habe schon prophezeit: Wenn wir das Hallenbad öffnen, wird es an diesem Tag sicherlich einen Schneesturm geben.“
Glück und Segen wie aus dem Richtfestspruch wünschte sich der Bürgermeister auch für den weiteren Verlauf des Bauvorhabens: „Keiner konnte erahnen, mit welchen Widrigkeiten wir uns herumschlagen müssen.“ So hätte die starke Auslastung der Baufirmen dafür gesorgt, dass so manche Ausschreibung mangels Angebot wiederholt werden musste. Corona habe anschließend dazu geführt, dass viele Baufirmen nicht mit voller Mitarbeiterzahl auf der Baustelle durchstarten konnten – viele Kollegen mussten lange in Quarantäne bleiben und Corona auskurieren. Corona und natürlich auch der darauf folgende Krieg in der Ukraine haben außerdem die globalen Lieferketten gestört und die Preise für Baumaterialien in schwindelerregende Höhen getrieben. Heiko Müller: „Die Baukosten haben sich überdurchschnittlich stark nach oben entwickelt. Das größte Problem war die Nicht-Verfügbarkeit von Geräten und Materialien.“
Da ist es kein Wunder, dass die veranschlagten Kosten für den Bau des Hallenbads inzwischen von 22,3 auf etwa 28 Millionen Euro angestiegen sind.
Auch die zurzeit explodierenden Energiekosten werden die Kosten des Hallenbades noch negativ beeinflussen. Denn im Bereich der Energie geht es später vor allem darum, den laufenden Betrieb zu finanzieren. Schließlich muss das Wasser im Becken auf Betriebstemperatur gebracht werden. Bürgermeister Heiko Müller: „Die steigenden Energiepreise beeinflussen natürlich den Zuschussbedarf. Wir sind froh, dass wir in der aktuellen Situation überhaupt eine Heizung bekommen haben. Trotzdem werden wir über die Heizungsanlage noch diskutieren müssen, wir schauen uns auch Optionen für eine Nachrüstung an. Bereits entschieden haben wir uns dafür, auf dem Flachbau eine Photovoltaic-Anlage nachzurüsten. Generell kann die Stadt Mehrausgaben aber tragen, da wir in den letzten Jahren ausreichend Rücklagen gebildet haben.“
Trotz aller Widrigkeiten und Probleme, die oft genug durch das Weltgeschehen beeinflusst werden, wird die Fertigstellung des Hallenbades anscheinend nicht verzögert. Anvisiert ist weiterhin ein Fertigstellungstermin im Herbst 2023.
Heiko Müller: „Bisher sind wir weitestgehend im Zeitplan, ja. In Anbetracht der Gesamtsituation können wir sehr zufrieden sein, dass das bisher so gut funktioniert hat. Mein besonderer Dank geht in diesem Rahmen an den Generalplaner BAUCONZEPT, der das Projekt bereits in der Konzeptphase unterstützt hat und es nach langer Pause wieder angepackt und reibungslos auf den Weg gebracht hat.“
In den kommenden Monaten wird der Bau des Falkenseer Hallenbads weiter voranschreiten. Als nächstes stehen die Dachkonstruktion, der Stahlbau im Becken und der Bau eines Einstiegs für Menschen mit Behinderungen an.
Julia Concu, die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, freute sich beim Richtfest, dass das Schwimmbecken und der Bereich der Kegelbahn bereits gut zu erkennen seien. Sie empfand es als ein großes Glück, dass der Bau bislang so problemlos abgelaufen sei. Und sie nutzte die Gelegenheit für mahnende Worte: „Ich rate der Verwaltung bei der Gestaltung der Innenräume, vor allem die Belange und Wünsche von Kindern und Jugendlichen, den Senioren, den Menschen mit Beeinträchtigungen und den Familien zu erfragen und zu berücksichtigen, damit das Bad eine breite Akzeptanz erfährt. Wir möchten ja,dass es hinterher auch von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird. Dafür braucht es eine besondere Note und eine Wohlfühlatmosphäre.“
Das spätere Hallenbad soll – so viel steht bereits fest – von der Gegefa betrieben werden, die auch schon für das Waldbad zuständig ist. Das würde wichtige Synergieeffekte mit sich bringen. So könnte man eine Gastronomie aus einer Hand anbieten und Mitarbeiter aus dem einen Bad auch im anderen einsetzen.
Nicht alle Besucher des Richtfestes sehen die Entwicklung des Hallenbads positiv. Rainer Ganser, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung: „Ich mache mir große Sorgen um den zukünftigen Falkenseer Haushalt. Allein bei den Unterhaltskosten rechne ich mit über zwei Millionen Euro Zuschuss im Jahr. Das Hallenbad wird auf jeden Fall Auswirkungen auf zukünftige Projekte haben. Die Frage ist: Bei welchen anderen Projekten muss man dann streichen? Viele wollten das Hallenbad nicht, jetzt muss man da irgendwie die goldene Mitte finden. Wichtig ist, dass die Kosten pro Kostenstelle transparent dargestellt werden.“ (Text: CS+PH / Fotos: Patrick Hückstädt, Drohnenfoto: Erik Jung)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 198 (9/2022).
Der Beitrag Letzter Nagel und explodierende Kosten: Richtfest für das Falkenseer Hallenbad! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).