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Channel: Seite 85 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Zuwendungsbescheid für Heinz Sielmann Stiftung: Winterquartiere für Schafe und Ziegen in der Döberitzer Heide!

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Bereits ab 1896 diente die Döberitzer Heide dem Militär als großflächiger Truppenübungsplatz: Die militärischen Übungen über Jahrzehnte hinweg sorgten ganz nebenbei dafür, dass vor Ort eine einzigartige Offenlandschaft mit vielen seltenen Pflanzen und Tieren entstanden ist. Inzwischen kommen hier allerdings Schafe und Ziegen anstatt rollender Panzer zum Einsatz, um den Status Quo in der von der Heinz Sielmann Stiftung in Besitz genommenen Fläche zu erhalten.

Ein Zuwendungsbescheid in Höhe von 238.000 Euro soll den Einsatz der Tiere nun auch im Winter erlauben.

Zuletzt hat sich die Heinz Sielmann Stiftung den Unmut der Spaziergänger in der Döberitzer Heide zugezogen: Großflächig wurden aufschießende Bäumchen gefällt und Sträucher ausgegraben. Viele Bürger dachten sich: Das soll Naturschutz sein?

Und ob: Die 16 unterschiedlichen Biotope in der Döberitzer Heide mit ihren kargen Offenlandschaften konnten über lange Jahrzehnte nur entstehen, weil das Militär mit Panzern durch den Sandboden pflügte. Heute gibt es diese Aktivitäten nicht mehr. Ohne Kontrolle würde sich die Heidelandschaft schnell in einen dichten Wald verwandeln. Das wäre das Aus etwa für viele vom Aussterben bedrohte Sandbienen oder für seltene Vögel wie den Wiedehopf und den Wendehals.

Michael Beier, Vorstandsvorsitzender der Sielmann Stiftung: „Wir müssen uns vor Ort gezielt dafür entscheiden, welche Biotopsformen wir gern erhalten und welche Tiere und Pflanzen wir schützen möchten.“

Um die aufschießenden Pflanzentriebe auf dem 3.650 Hektar großen Areal unter Kontrolle zu halten, kommen längst auch Schafe und Ziegen zum Einsatz. In diesem Sommer sind es 1.400 Schafe und 200 Ziegen, die auf 300 Hektar Offenflächen in der Döberitzer Heide im Arbeitseinsatz tätig sind – vorrangig dort, wo für schwere Technik der Menschen kein Durchkommen ist. Die Schafe bevorzugen magere Gräser, die Ziegen lieben Buschwerk und kleine Bäumchen.

Schön wäre es, wenn die stets hungrigen Paarhufer auch im Winter zum Einsatz kommen könnten. Tim Funkenberg von der Heinz Sielmann Stiftung, der auch den komplizierten Förderantrag ausgearbeitet hat: „Dann würden sie noch gezielter die jungen Bäumchen und Gehölze abfressen, da Gräser im Winter für die Tiere nicht mehr zu finden sind. Da die vorhandene Nahrung im Winter nicht ausreicht, werden wir in dieser Jahreszeit auch zufüttern müssen.“

Die vierbeinige Wintertruppe soll etwa 200 bis 300 Akteure stark sein und aus zwei Herden bestehen. Um den Einsatz der Tiere zu ermöglichen, werden allerdings mobile Winterquartiere benötigt. Und diese kosten viel Geld.

Minister Guido Beermann bringt einen Zuwendungsbescheid mit!

Das Problem mit den Finanzen ist zum Glück gelöst. Am 3. Juni überreichte Guido Beermann, Minister für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg, einen Zuwendungsbescheid über 238.000 Euro an die Heinz Sielmann Stiftung. Die Fördergelder stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die Heinz Sielmann Stiftung legt auch noch einmal rund 60.000 Euro aus eigenen Spendengeldern oben drauf.

Mit dem Geld sollen nun acht mobile Winterunterstände gebaut werden. Sechs von ihnen bieten jeweils bis zu 150 Weidetieren Schutz – vor schlechtem Wetter, aber auch vor Raubtieren. Michael Beier: „Hier denken wir natürlich vor allem an den Wolf. Die Döberitzer Heide ist zu klein, um einem Rudel Lebensraum zu geben. Ein Wolfsrudel braucht etwa 60 Quadratkilometer Platz zum Überleben. Aber es gibt immer wieder einzelne Tiere, die das Gebiet durchqueren.“

Zwei der acht Rundbogenhallen dienen der Logistik. Hier ist es möglich, Zusatzfutter für die Tiere und Technik zu lagern. Wo es bislang noch keine Wasserversorgung gibt, sollen auch Brunnen gebohrt werden.

Michael Beier: „Wir freuen uns, dass das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung nicht nur Brücken und Straßen baut, sondern auch den Wert des Naturschutzes und die Arbeit der Heinz Sielmann Stiftung anerkennt und mit ihren Mitteln fördert.“

Minister Guido Beermann: „Man lernt nie aus. Im Wald ist ein Verbiss der jungen Triebe nicht erwünscht. Hier ist er gewollt und hat sogar eine positive Wirkung.“

Auch die Bio-Landwirtin Lisa Querhammer aus Fahrland hat 200 Hektar Fläche auf dem Sielmann-Gelände gepachtet: „Wir setzen Schafe, Galloway-Rinder und Wasserbüffel gezielt zur Landschaftspflege ein. Im trockenen Bereich sind unsere bunten Skudden und die Heidschnucken unterwegs, in den feuchteren Gefilden machen sich die Galloways und die Wasserbüffel sehr gut.“

Dr. Hannes Petrischak, in der Heinz Sielmann Stiftung für den Geschäftsbereich Naturschutz tätig und ausgewiesener Insektenexperte: „Der Einsatz der Schafe und Ziegen hat noch einen weiteren positiven Effekt. Es gibt in der Döberitzer Heide über 30 Käferarten, die sich im Dung von Pflanzenfressern aufhalten. Jeder kennt den Mistkäfer, der den Dung für seine Eiablage nutzt. Das gilt auch für den seltenen Stierkäfer, der aussieht wie ein blauglänzender Mistkäfer mit nach vorn gerichteten Hörnern. Es gibt sogar Jäger wie die Hornissenraubfliege, die den Dung von unseren Przewalskipferden besetzt und hier Dungkäfer jagt. Wichtig ist, dass die Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde nicht standardmäßig gegen Parasiten behandelt werden, das würde auch das Leben im Dung abtöten.“

Für die Zukunft: Rettungswege und Mobilfunk fehlen noch!

Nach der Förderung ist vor der Förderung. Das nächste Ziel hat die Sielmann-Stiftung bereits fest im Auge. Michael Beier: „Wir haben keine Rettungswege in der Döberitzer Heide. Um uns herum wird immer mehr gebaut, es drängen immer mehr Menschen zur Erholung in die Heide. Da müssen wir in der nächsten Förderperiode ansetzen. Wir müssen die Wege weiter ausbauen und auf eine gute Mobilität im Areal setzen. Auch brauchen wir eine Erreichbarkeit mit dem Handy – auch für Notrufe. Wir sind offen dafür, einen eigenen Mobilfunkmast zwischen den Bäumen aufzustellen.“

Die Sielmann-Stiftung arbeitet bereits an einem ausgeklügelten Besucherleitsystem und baut an einem eigenen, öffentlich zugänglichen Zentrum. Die alte sowjetische Kommendantur in der unmittelbaren Nähe zu Karls Erlebnis-Dorf in Elstal soll zu einem Besucherzentrum mit einer Ausstellung mit Büroräumen umgewandelt werden. Michael Beier: „2023/24 werden wir den Besuchern der Döberitzer Heide ein ganz neues Naturerleben bieten können. Wir haben ja auch einen Bildungsauftrag.“ (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 184 (7/2021).

Der Beitrag Zuwendungsbescheid für Heinz Sielmann Stiftung: Winterquartiere für Schafe und Ziegen in der Döberitzer Heide! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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