Quantcast
Channel: Seite 85 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5295

Kino-Filmkritik: Nobody

$
0
0

Hutch Mansell (Bob Odenkirk aus „Better Call Saul“) ist einer von uns. Eben ein Nobody, ein Durchschnittskerl. Er arbeitet in der Firma seines Schwiegervaters und muss hier jeden Tag langweilige Zahlenkolonnen in Excel eingeben. Er hat zwei Kinder, die ihn nicht unbedingt für einen superspannenden Dad halten, und eine Frau (Connie Nielsen), die ihn schon sehr lange im Schlafzimmer auf Abstand hält. Das Leben ist langweilig und eintönig.

Eigentlich könnte Hutch richtig gut zeigen, was für ein Kerl in ihm steckt. Denn er überrascht Einbrecher in seinem Haus. Er verzichtet aber darauf, sie zu überwältigen. Stattdessen lässt er sie ohne Gegenwehr ziehen. Das hätte er wohl besser nicht getan. Seine Kinder, seine Frau, die Nachbarn und die Kollegen auf Arbeit – alle halten ihn nun für einen echten Lauch, einen Lutscher, der nicht mal seine Familie beschützen kann.

Was niemand ahnt: Hutch Mansell hat sich ganz bewusst zurückgehalten. Er war früher einmal Revisor beim FBI. Er war der Aufräumer, den niemand sehen wollte. Weil er das letzte war, was eine Person zu sehen bekommen hat. Denn wenn man ihn schickte, wurde es blutig. Hutch ist es aber gelungen, aus diesem Killer-Job auszubrechen und sich eine neue Identität aufzubauen. Jetzt heißt es: Nur nicht auffallen!

Doch der nächtliche Überfall nagt an ihm. Als er im Bus eine junge Frau vor den Übergriffen einer brutalen Bande schützen möchte und dabei bereitwillig und stänkernd die blutige Konfrontation sucht, eskaliert die lange aufgestaute Wut – und Hutch schickt die Bande ins Krankenhaus. Dazu zählt leider der Bruder eines garstigen Russen-Mafiosi. Der schwört Rache. Und Hutch wird gezwungen, seine Waffen wieder auszupacken und die Familie im Keller zu verstecken.

„Nobody“ wurde von Derek Kolstad geschrieben und von Ilja Naischuller verfilmt. Es ist ein wunderbar schwarzhumoriger Actionfilm irgendwo zwischen „John Wick“ und „Falling Down“, der es auf dem Bildschirm so richtig nach allen Regeln der Kunst krachen lässt.

Im Grunde genommen ist „Nobody“ eine cineastische Hooligan-Klopperei, nur eben anstatt mit Fäusten doch eher mit Schusswaffen, Granaten, Minen und einer großen Anzahl zweckentfremdeter Alltagsgegenstände, die in tödlicher Absicht in viele menschliche Körper gesteckt werden. „Nobody“ ist somit der perfekte Film für alle Kerle, die nach dem Lockdown selbst etwas von der aufgestauten Corona-Isolations-Wut rauslassen möchten.

Dass „Nobody“ dabei nicht in eine seelenlose Blutorgie abkippt, liegt am Hauptdarsteller Bob Oden­kirk, der seiner Figur erstaunlich viel Tiefe mit auf den Weg gibt, sodass man genau nachvollziehen kann, warum er etwas tut. Oft reichen kleine Gesten oder Blicke aus, um das zu untermalen. Abzüge in der B-Note gibt es nur, weil es wirklich armselig ist, schon wieder einen Russen-Clan als Gegner zu bemühen. Da hätte man sich deutlich mehr Mühe geben können.

Dafür freut man sich über ein ganz besonders starkes Cameo. Christopher Lloyd („Zurück in die Zukunft“) tritt hier als Nobodys Vater auf, der zwar im Altersheim lebt, aber auch noch ein paar ganz besondere Tricks auf Lager hat.

Ganz am Ende übertreibt der Film leider etwas und bekommt beinahe eine klamaukige Note. Aber was tut man als Filmregisseur nicht alles für ein spektakuläres Finale! Es bleibt auf jeden Fall eine Figur, die man gern noch einmal wiedersehen möchte. Da muss nur unbedingt das Drehbuch stimmen. (CS / Bilder: UPI Germany)

Fazit: ****/* (FSK 16)
Spieldauer: 92 Minuten
Kinostart: ab sofort
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=P1n6Qp6c0Q8

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 184 (7/2021).

Der Beitrag Kino-Filmkritik: Nobody erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5295