Also regionaler kann es eigentlich gar nicht mehr werden. All das, was Familie Thureaux im eigenen Garten in Zeestow anbaut und nicht selbst verwertet, landet auf dem Tisch direkt an ihrer Straße: Hier dürfen sich die Nachbarn gegen einen kleinen Obolus gern selbst bedienen. Die Nachfrage steigt und aus dem einfachen Stand ist inzwischen längst das „Zeestower Gartenstübchen“ geworden. Nun träumt Yves Thureaux von einem kleinen Ladengeschäft.
Sandra und Yves Thureaux stammen beide aus Spandau. Er ist Polizist, sie gelernte Landschaftsgärtnerin. Beide haben sich in Zeestow ihren Traum vom eigenen Haus im Grünen erfüllt. Seit September 2016 wohnen sie zusammen mit drei Kindern im Brieselanger Ortsteil.
Ihr Grundstück ist 1.500 Quadratmeter groß. Da bleibt ausreichend Platz für die Kinder – für einen aufstellbaren Pool und ein Trampolin. Aber auch Sandra Thureaux (38) konnte sich so richtig austoben: „Wir haben schon immer gern darüber gesprochen, einmal Selbstversorger zu werden. Am Anfang hatte ich nur ein 80 Quadratmeter großes Beet, das mit einem Jägerzaun eingefasst wurde. Das war sehr schnell voll. Inzwischen ist das Beet 200 Quadratmeter groß. In diesem Jahr sind neue Hochbeete hinzugekommen. Im Garten verzichte ich auf jede Art von Chemie und setze nur Biodünger wie etwa Hühner- oder Pferdemist ein. Die vielen Schnecken und Wühlmäuse machen mir zwar Ärger. Auch die Kohlfliege ist in diesem Jahr erstmals aufgetaucht. Aber damit werde ich schon fertig, Gift würde ich nie einsetzen.“
Im Garten der Familie Thureaux sprießen Mais, Zuckerschoten, Kohlrabiknollen, Quitten, Stachelbeeren, Kirschen, Johannisbeeren, Brom- und Himbeeren, Kartoffeln, Frühlingszwiebeln, Knollensellerie, Physalis und Hokkaido-Kürbisse ebenso wie Zucchini, Pastinaken, Kiwi-Beeren, grüne Bohnen, Eisbergsalate, Wassermelonen, Fenchel, Möhren oder Broccoli.
Yves Thureaux (42): „Ich mag es sehr gerne scharf, deswegen wachsen auch viele Chilisorten im Garten. Ich bin bei uns der Koch der Familie. Wenn ich frische Kräuter, Jalapenos oder Habanero-Schoten brauche, muss ich nur in den Garten gehen.“
Sandra Thureaux: „Kirsch- und Apfelbäume haben wir auch auf dem Grundstück. Es gibt eigentlich jeden Tag etwas, was wir ernten und verwenden können. Während mein Mann kocht, mache ich lieber etwas haltbar. Ich koche Marmeladen ein, experimentiere mit fermentierten Lebensmitteln, entsafte Obst und nutze den Dörrautomaten, um etwa knackige Apfelchips herzustellen.“
Tatsache ist, dass die kleine Familie gar nicht genug Hunger entwickeln kann, um all das zu verbrauchen, was auf der eigenen Scholle wächst. Yves Thureaux: „Wir möchten auch nichts wegwerfen. Aus diesem Grund haben wir damit begonnen, all das, was wir nicht selbst verwerten können, auf einem Tisch direkt an der Grundstücksauffahrt anzubieten. Auf einer Tafel stehen die Preise, die zu zahlen sind. Das Geld wird in eine Kasse des Vertrauens eingezahlt. Das funktioniert bislang sehr gut. Wir können ja anhand der fehlenden Schalen und Tüten hochrechnen, was in der Kasse sein müsste. Wir füllen das Angebot jeden Tag aufs Neue auf. In einer Facebook-Gruppe halten wir die Kunden darüber auf dem Laufenden, was wir gerade verkaufen. Wir haben sogar schon Stammkunden, die umfangreiche Bestellungen aufgeben. Unser Stand ist täglich von 8 bis 20 Uhr ‚geöffnet‘ – in der Brieselanger Straße 7.“
Sandra Thureaux: „Was mir viel Freunde macht, ist das Erleben des saisonalen Kreislaufs, wie man ihn früher schon gelebt hat. Ein jedes Obst und Gemüse hat eben seine Zeit. Und darauf darf man sich freuen. Es ist gar nicht nötig, dass bestimmte Lebensmittel wie etwa Tomaten oder Erdbeeren das ganze Jahr über verfügbar sind.“
„Zeestower Gartenstübchen“: Wenn eine Idee Beine bekommt und wächst!
Längst ist aus dem kleinen Verkaufstisch das „Zeestower Gartenstübchen“ geworden. Yves Thureaux: „Eigentlich war das mit dem Hofverkauf eine reine Schnapsidee. Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell wächst und Kunden findet. Nun haben wir dem Kind einen Namen gegeben. Und damit das alles seine Ordnung hat, habe ich sogar extra ein Gewerbe angemeldet.“
Quitten, Auberginen, Einlegegurken und zahllose Kräuter wie Pfefferminze, Petersilie, Koriander und Thymian stammen aus dem Garten.
Längst gehören auch 25 Hühner mit dazu, darunter Vorwerkhühner, deutsche Lachshühner, Marans und Grünleger. Yves Thureaux: „Unsere Hühner legen mehr Eier, als wir selbst essen können. Und so verkaufen wir nun auch Eier im ‚Zeestower Gartenstübchen‘. Dank der verschiedenen Hühnerrassen haben wir weiße, schokoladenbraune und sogar grüne Eier in jedem Karton. Am liebsten würde ich mir noch ein Schwein anschaffen. Und einen Räucherofen bauen, um selbst Würste herstellen zu können.“
Das „Zeestower Gartenstübchen“ gibt es erst seit Ende Juli 2021. Und schon nach so kurzer Zeit wächst das Angebot. Yves Thureaux: „Wir möchten unser Sortiment auch mit den Gartenerzeugnissen der Nachbarn ergänzen. Es gibt auch schon erste Kooperationen mit anderen Erzeugern. So bieten wir inzwischen auch Äpfel vom Obsthof Lienert aus Priort an.“
Das Angebot wächst, der Platz auf dem Tisch wird nicht mehr lange reichen. Schon jetzt plant die Familie, ihre Holzhütte direkt an der Verkaufsstelle so umzubauen, dass Kunden die Hütte betreten und in der Folge hier einkaufen könnten. Dann könnte man neben dem Honig vom Imker vielleicht auch noch Zeestower Eierlikör, Milch vom Nachbarn und andere Dinge anbieten.
Yves Thureaux: „Ich habe die Vision von einem eigenen kleinen Ladengeschäft. Nur eins ist sicher – es soll auf jeden Fall in Zeestow bleiben.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 186 (9/2021).
Der Beitrag Das „Zeestower Gartenstübchen“ verkauft Obst und Gemüse direkt aus dem Garten! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).